Einleitung
Welche Anforderungen man an Versuchsfahrer stellt, hängt von der Zielsetzung ab. Teilweise wird so getan, als wäre die Auswahl von Versuchsfahrern sehr einfach. Es würde nur darum gehen, möglichst qualifizierte Leute zu Versuchsfahren zu machen. Dabei gibt es oft klare Vorstellungen, was denn qualifiziert wäre. Dieser Ansatz geht aber an den typischen Zielsetzungen in der Fahrzeugerprobung vorbei.
Grundsätzlich gibt es Erprobungen, die eher reproduzierbare Ergebnisse geliefert werden sollen. Auf der anderen Seite stehen aber Erprobungen, die möglichst kundenorientiert und zufällig sein sollen. Je nach dem, in welche Richtung die Erprobung tendiert, sind die Fahrzeug-Erprober auszuwählen. Soll die Erprobung reproduzierbar sein, ist ein hohes Maß an technischem Verständnis notwendig. Geht es um zufälliges, kundennahes Verhalten ist der Erprobungsfahrer eher ein Testfahrer oder besser Proband.
Die Anforderungsprofile von Versuchsfahrern schwanken also auf der einen Seite technisch und fahrerisch perfekt ausgebildet bis hin zu unbedarften Probanden. Diese Fähigkeiten werden durch folgende Anforderungen umrissen:
- Gesundheitliche Eignung
- Rettung und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft
- Fahrerischer Anspruch
- Technischer Anspruch
Auf diese Anforderungen soll hier kurz eingangen werden.
Gesundheitliche Eignung der Person
Zu den Pflichten des Arbeitgebers gehört die Fürsorge für den Arbeitnehmer. Die Voraussetzung um überhaupt als Versuchsfahrer eingesetzt zu werden sollte die gesundheitliche Eignung für den Führerschein sein. Darüber hinaus gibt es aber weitergehende Untersuchungen, die im gesundheitlichen Anspruch höher sind.
Mögliche Voraussetzung sind
- Führerscheinvoraussetzung (G25)
- Ärztliche Untersuchung (Anlage 5.1 FeV)
- Leistungsuntersuchung (Anlage 5.2 FeV)
- Untersuchung des Sehvermögens (Anlage 6 FeV)
Fähigkeit zur Rettung und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft
Versuchsfahrer sind viel auf Straßen unterwegs. In der Folge erleben Sie häufig auch Situationen, in den Menschen auf Grund von Unfällen geholfen werden muss. Die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft gebietet also, dass die Versuchsfahrer tatsächlich auch helfen können. Ein regelmäßiger Erste Hilfe-Kurs sollte also Standard sein.
Um Sicher zu stellen, dass nicht die größten Verkehrraudis als Versuchsfahrer arbeiten empfehlen sich die Prüfung des Punktestandes in Flensburg (Auskunft aus dem FAER) und eine MPU oder ein Wiener verkehrspsychologischer Test.
Woran selten gedacht wird, sind die kriminellen Motivationen von Personengruppen. Bei der Erprobung auf festgelegten Versuchsstrecke können sich Versuchsfahrer in Deutschland unverdächtig bewegen. Die zahlreichen Versuchsstrecken der verschiedenen Dienstleister, TIER1 und OEM kreuzen sich in einem über Deutschland verteilten Netz. Damit entsteht ein komplettes Netz von möglichen Kurierstrecken, die für kriminelle Zwecke, wie zum Beispiel für die Verteilung von Drogen, genutzt werden können. Aus diesem Grund empfehle ich die Anforderung eines polizeilichen Führungszeugnis für Versuchsfahrer.
Mögliche Voraussetzung sind
- Erste Hilfe Kurs
- Ersthelfer alternativ Ersthelfer maximal 1 bzw. 2 Jahre alt
- Auskunft aus dem Fahreignungsregister (FAER) des BKFA Flensburg
- MPU
- Wiener Test
- Polizeiliches Führungszeugnis
Fahrerischer Anspruch
Der fahrerische Anspruch an die Versuchsfahrer hängt von der Aufgabenstellung ab. Während ein Proband lediglich einen Führerschein vorlegen muss, sollen Versuchsfahrer, die auf Hochgeschwindigkeits- oder Off-Road-Strecken erproben, natürlich viel tiefgreifender geschult werden.
Mögliche Voraussetzung sind
- Führerschein z.B. mit Klasse B, BE
- Absolviertes Fahrsicherheitstraining
- Fahrsicherheitstraining alle 1, 2, 3 bzw. 5 Jahre
- Prüfgeländeführerschein / Prototypenführerschein Level 1 (BMW B1, Daimler T1, ATP C, Bosch Basic, …)
- Prüfgeländeführerschein / Prototypenführerschein Level 2 hochmotorisierte Fahrzeuge (BMW B2, ATP A, Porsche Turbo, …)
- Hochgeschwindigkeitstraining
- Off-Road-Training
- Spezifische Streckentrainings
Technischer Anspruch
Je nach dem, was die Versuchsfahrer leisten müssen, orientiert sich auch der technische Anspruch an die Qualifikation der Versuchsfahrer.
Wichtig ist immer die Leidenschaft für das Fahren. Für Probanden-Aufgaben ist das auch die einzige Forderung an Versuchsfahrer.
Bei anspruchsvolleren Aufgaben wird reflexartig nach KFZ-Mechanikern gerufen. Meine Erfahrung ist, dass technisch interessierte Menschen mit einer Leidenschaft für das Fahren die besten Versuchsfahrer sind. Die formalen Qualifikationen und „Scheine“ bringen keinen Gewinn bei der Bewertung von Fahrzeugen.
Mögliche Voraussetzung sind
- Nicht technisch vorbelastet
- Technisch interessiert
- Technisch begabt
- Ausgebildeter Berufskraftfahrer
- Ausgebildeter KfZ-Mechaniker oder artverwandter Beruf
- KFZ-Meister oder -Techniker
- Bachelor
- Master oder Ingenieur
Für weitergehende Diskussionen oder Rückfragen steht Ihnen der Autor Peter Saubert gerne zur Verfügung.
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